In Kindheitserinnerungen gekramt

Lausitzer Rundschau02. Mai 2014

Neue Ausstellung in Schleife zeigt erstmals Werke von Heinrich Hantscho

SCHLEIFE Die Malereien waren Geschenke. Es gab sie zu runden Geburtstagen oder zu Hochzeiten. Sie haben in Wohnungen einen besonderen Platz gefunden und so die Zeit von Heinrich Hantscho (1903-1985) überdauert. Seit Mittwoch werden einige seiner Werke erstmals in einer Ausstellung unter dem Motto "Schleife – das sorbische Worpswede" gezeigt.

"Es ist schon etwas besonderes", freut sich Helmut Hantscho. Gerade eben hat er im Sorbischen Kulturzentrum Schleife die Laudatio für seinen Vater halten dürfen, nun führt er die Besucher durch die Ausstellung und erklärt. "Hier ist ein schönes Bild mit einem Feld. Da sieht man die Blüten des Klatschmohns. Es sieht so natürlich aus", so Alt-Bürgermeister Hantscho. Vor dem geistigen Auge sieht man fast den Maler am Feldrain mit seiner Staffelei und den Ölfarben sitzen.

Heinrich Hantscho hat auf solchen Feldern als Landwirt gearbeitet. Aber nie am Rand gesessen, um dort zu malen. Motive seiner Malleidenschaft waren oft Postkarten oder Fotos. Und doch sehen die Arbeiten in ihrem feinen Pinselstrich und mit der Liebe zum Detail so aus, als wären sie am Objekt vor Ort entstanden. Seinen Sohn beeindruckt dies noch heute. Auch dass sein Vater, als Landwirt schwere Arbeit gewohnt, so feine Pinselstriche führen konnte. Es muss für Hanos Heinrich - so wurde er überall genannt - ein Ausgleich zu seiner Arbeit gewesen sein, sich an der Staffelei entspannen zu können. Einzutauchen in die Welt der Farben. "Ich kann mich erinnern, dass das Zuschauen interessant, aber langweilig war. Denn es dauerte je nach Format schon seine Zeit, ein Ölbild fertigzustellen", so Hantscho.

So sind über die Jahre zahlreiche Arbeiten entstanden, die vor allem in der Familie oder den Freunden geschenkt wurden. Für die erste Ausstellung des Heinrich Hantscho sind sie teilweise von Leihgebern zur Verfügung gestellt worden oder sind als Fotokopie nach Schleife zurückgekehrt. Die Idee für die Ausstellung hatte Hartmut Hantscho. Als Vorsitzender des örtlichen Kólesko-Vereins ist er seit Jahren Kunstwerken aus Schleife auf der Spur. Sein Vater Helmut Hantscho freut sich nun um so mehr darüber, dass seinem Vater posthum diese Ehre der Ausstellung erteilt wird. Für die Laudatio musste Helmut Hantscho in seinen Kindheitserinnerungen kramen und die Erzählungen der Mutter auffrischen. Nach diesen fing Heinrich Hantscho in der 1920er-Jahren an, Ölbilder zu malen. Das machte er gemeinsam mit dem Gastwirt Richard Lehmann. Lehmann und Hantscho kannten sich unter anderem aus dem Turnverein. Der Gastwirt war einige Jahre älter als der Landwirt. "Ich gehe davon aus, dass Lehmann das Maltalent bei meinem Vater entdeckt hat", erzählt Hantscho im proppenvollen Ausstellungsraum des SKC. Das Maltalent rührt aus Familienerzählungen aus einem besonderen Grund her. So soll Heinrich Hantscho als Kind den Kopf von William Krause gestreichelt bekommen haben. Der Künstler aus Dresden hatte eine besondere Beziehung zu Schleife, denn er verbrachte hier einige Sommer zwischen 1902 bis 1912. Nach dem Kriege war es schwer für Heinrich Hantscho, mit dem Malen fortfahren zu können. Wie alles, waren auch Mal-Utensilien Mangelware. Doch in Görlitz konnte der Engpass dank alter Malbestände überwunden werden. Das letzte Bild entstand 1963. Es wurde Gemeindeschwester Martha geschenkt. Dann konnte er wegen einer Operation nicht mehr malen. "Er hat es versucht, aber das Ergebnis war nicht das, was er erwartet hatte", so Hantscho.

Regina Weiß


Projekte

Ausstellungsreihe „Schleife – das sorbische Worpswede“

Ein Segment unserer Vereinsarbeit befasst sich mit der Dokumentation der bildenden Kunst des Kirchspiels Schleife von der Vergangenheit bis zur Gegenwart. 

 

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