Lausitzer Sorben profitieren vom Kohleausstieg

Lausitzer Rundschau / moz.de11. Februar 2019

Cottbus (LR) Die Digitalisierung der beiden sorbischen Sprachen, ein sorbisches Kompetenzzentrum Wirtschaft und Strukturwandel, eine Schule für obersorbische Sprache und Kultur, die Verstärkung des Sorbischen Institutes sowie ein Infoportal Schleifer Sorbisch: Diese und weitere Projekte sind im Abschlussbericht der Kohlekommission festgehalten.

Und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) deutet an, den Vorschlägen folgen zu wollen. Die sorbische Kultur soll damit vom Kohleausstieg profitieren.

Das Kirchspiel Schleife, das acht Dörfer, sieben in Sachsen und eines in Brandenburg, umfasst, wird seit Jahrzehnten durch den Tagebau Nochten beeinflusst. Mehrere Ortsteile mussten seit den 1950er-Jahren der Kohle weichen. Jetzt steht die Umsiedlung der 200 Einwohner von Mühlrose bevor. Die „Sprachlandschaft Schleife“, ein Vorhaben des Sorbisches Institutes, will dem Aussterben des Schleifer Sorbisch entgegenwirken. Die Regionalvariante der sorbischen Sprache mit Elementen aus dem Ober- und dem Niedersorbischen verfügt nach Angaben von Institutsdirektor Dr. Hauke Bartels bislang nur über vereinzelte Dokumentationen. Außerdem beherrschen lediglich einige Dutzend, vorwiegend ältere Menschen, diese Sprachvariante. „Wir planen daher, am Beispiel des Schleifer Sorbisch einen Prototyp für eine digitale Informationsplattform zu sorbischen Sprachlandschaften zu erstellen, die als erster Schritt zu einer die gesamte Lausitz umfassenden Dokumentation des regional vielfältigen Sprachwissens dienen kann“; erklärt Bartels. Damit solle die Identitätsbildung gefördert werden. Außerdem handele es sich um die Grundlage einer interkulturell angelegten Heimatkunde sowie den Schutz und die Vitalität der sorbischen Bräuche und Feste, die seit fünf Jahren im Bundesverzeichnis des immateriellen Kulturerbes verzeichnet sind.

Hauke Bartels lobt die guten Vorarbeiten des Schleifer Vereins „Kolesko“. Dessen Protagonisten haben erst im vergangenen Jahr das Schleifer Sagenbuch sowie das Auftaktwerk zu einer Trilogie über die Schleifer Trachten veröffentlicht. „Dadurch ist das sächsische Kulturministerium auf uns aufmerksam geworden und hat angefragt, ob unterstützt werden kann“, sagt Vereinsvorsitzender Hartmut Hantscho. Das Vorhaben trägt im Abschlussbericht der Kohlekommission die Nummer 132. „Allerdings ist diese Liste unverbindlich“, gibt Hauke Bartels zu bedenken. Sorbisches Institut und Kultusministerium werden sich darum bemühen, das Projekt auch tatsächlich zu realisieren. „Eine endgültige Entscheidung hierzu ist noch nicht gefallen“, so Bartels weiter.

Der sächsische Bundestagsabgeordnete Marian Wendt (CDU) begrüßt die Ergebnisse der Kohlekommission für die Sorben/Wenden. Wendt ist Mitglied des beratenden Ausschusses für Fragen des sorbischen Volkes im Bundesinnenministerium. „Die zahlreichen Umsiedlungen des Braunkohlenabbaus belasten auch das Volk der Sorben/Wenden im Lausitzer Revier in ihrem Bestreben, ihre Sprache, Kultur und Identität zu erhalten. Daher ist es nur folgerichtig, jetzt auch Projekte zu fördern, die den Erhalt unterstützen.“ Seinen Angaben zufolge sollten auch der Aufbau einer Schule für obersorbische Sprache und Kultur für Erwachsene gefördert werden. Das Niederlausitzer Pendant in Cottbus besteht bereits seit 1992.

Auch die Domowina als Dachverband sorbischer Vereine zeigt sich mit den Vorschlägen der Kohlekommission zufrieden. „Das Ergebnis spricht für unseren Erfolg. Stellen Bund und Länder die richtigen Weichen, haben wir die Lösungen für eine lebenswerte Zukunft in einer mehrsprachigen Lausitz“, kommentiert Vorsitzender David Statnik.

Im Endbericht der Kohlekommission wird erwähnt, dass im Lausitzer Revier mehr als 25 000 Menschen umgesiedelt wurden, darunter zahlreiche Sorben. Das stark sorbisch geprägte Dorf Neu-Laubusch, gegründet um 1830, musste als erster Lausitzer Ort bereits 1924 dem Tagebau weichen. Alt-Laubusch folgte zwischen 1939 und 1942. Weitere weit über 100 Siedlungen folgten bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts. Dies belaste auch das Volk der Sorben und Wenden im Lausitzer Revier im Bestreben, Sprache, Kultur und Identität zu erhalten. Daher existiere für die Belange der Sorben/Wenden eine besondere Verantwortung.

Torsten Richter-Zippack


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Die eigene Sprache kann als das entscheidende Merkmal der Minderheitsidentität angesehen werden. Die Anwendung der eigenen Sprache ist Symbol der Zusammengehörigkeit von Menschen in einer Gruppe bzw. in einem Siedlungsgebiet.

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